ehrlich gesagt hatte ich mich nie wirklich mit den ängsten von hunden beschäftigt, obwohl ich mit hunden aufgewachsen bin...bis yuri zu uns in die familie kam.
vor kurzem war meine hündin wätschi gestorben; eigentlich konnte ich mir nicht vorstellen, so bald wieder einen hund aufzunehmen, aber dann stiess ich im internet auf yuri.
yuri war gerade mal 4 monate alt und lebte seit 3 wochen in einem tierheim in liechtenstein, gemeinsam mit seinen 3 brüdern. kurzentschlossen fuhr ich hin - und erschrak. keiner der welpen zeigte "normales" welpenverhalten. bei der kleinsten bewegung meinerseits zogen sie sich zurück, duckten sich oder rannten weg. die pflegerin erzählte mir, dass sich die 4 über zwei wochen lang überhaupt nicht berühren liessen und erst seit ein paar tagen die nähe der pflegerinnen duldeten.
es stellte sich heraus, dass die kleinen gemeinsam mit ihren drei schwestern und ihrer mutter ihre ersten drei lebensmonate offenbar eingesperrt in einem schuppen verbracht hatten - ohne kontakt zur aussenwelt. da der ort äusserst abgelegen war, drangen auch keine geräusche von aussen zu den hunden - es gab in der nähe keine strasse, keinen wanderweg, keine mit traktoren bewirtschafteten felder. das "züchter"-paar kümmerte sich nicht um den wurf, offenbar wurden die kleinen sogar getreten und mit besen geschlagen oder mindestens verscheucht.
als ich yuri nach hause nahm, hatte er, mit ausnahme von anderen hunden, buchstäblich vor allem angst - sogar vor spielzeug! am schlimmsten waren für ihn fremde menschen, besonders grosse männer und kleine, dicke frauen; ganz schrecklich war es, wenn die leute lange mäntel oder schürzen trugen.
völlig unmöglich war es, mit yuri in menschenmengen, in fremde räume oder einer strasse entlang zu gehen; er bekam richtige panikanfälle, zitterte am ganzen körper oder machte unter sich.
anfänglich hatte ich die hoffnung, dass er sich an unseren zwei älteren, souveränen hunden orientieren würde; zum teil erfüllte sich diese hoffnung, aber nur, was das leben im haus anbelangte. so fand er sich relativ schnell mit dem staubsauger oder häuslichen geräuschen ab, und spielzeug begann er sogar zu lieben. menschen, die zu uns nach hause kamen, beäugte er aus der ferne, doch als sein vertrauen in mich gefestigt war, begann er sie ok zu finden.
wir alle reagierten auf seine ängstlichkeit zu hause gar nicht; ich gab mir zu beginn mühe, ihn nicht zu erschrecken, doch wenn dies trotzdem geschah, ging ich darüber hinweg. offenbar fühlte er sich mit der zeit im haus so sicher, dass er mehr und mehr angsterreger integrierte und nicht mehr oder kaum noch darauf reagierte.
ganz anders draussen. wenn mir beim spazieren jemand entgegen kam, machte yuri einen riesigen bogen um die leute herum (50-100m) oder versteckte sich im wald, sofern er frei war. im junghunde- und den nachfolgenden erziehungskursen, die ich mit ihm besuchte, machten wir spezielle übungen für yuri. ausserhalb dieser übungen wurden alle teilnehmer angehalten, ihn zu ignorieren, ihn nicht anzuschauen und ja nicht auf ihn zu zu gehen. ich bat die leute auch, ihm leckerli anzubieten, ebenfalls, ohne ihn anzusehen. es dauerte fast ein jahr, bis yuri zum ersten mal draussen auf jemanden zuging, statt davon zu laufen. dann ging es relativ schnell, nur: seine panik verschwand - aber ausschliesslich bei leuten mit hunden. inzwischen ist yuri 4,5 jahre, und vor fremden menschen ohne hund hat er immer noch angst. allerdings ist er inzwischen immerhin so gut erzogen, dass er nicht mehr reissaus nimmt...
von anfang an habe ich immer wieder versucht, yuri in die stadt oder unter menschen mit zu nehmen. doch als sich seine panik nicht legte, sondern im gegenteil immer schlimmer wurde, liess ich es bleiben. wir wohnen auf dem land, es ist also nicht wirklich nötig, dass man mit ihm in die stadt geht.
ebenfalls unerträglich ist es für ihn fremde räume oder häuser zu betreten. eine zeit lang habe ich ihn immer ins restaurant der eisbahn mitgenommen, wenn meine kinder trainierten, doch auch diese versuche gab ich auf.
parallel dazu begann ich mit yuri agility zu machen, a) um ihn geistig zu fordern und b) um sein selbstvertrauen zu fördern. vor einem knappen jahr nahm ich ihn ausserdem ins sanitätshunde-training mit, allerdings mit grossen zweifeln...schliesslich muss er sich dort von mir lösen und zu irgendeinem mensch rennen, der sich irgendwo im wald versteckt! doch erstaunlicherweise klappte das von anfang an problemlos. und kürzlich spielte sogar ein sehr grosser mann, den yuri nicht kannte, die vermisste person - kein problem!
als nächstes begann mein sohn, mit yuri canin-cross zu machen (das sind crossläufe mit hund). vor ein paar wochen startete er an einem lauf im rahmen eines wagenrennens für schlittenhunde. dort herschte ein riesiger auflauf von menschen und hunden. beim start gab es sogar einen speakerwagen, von dem aus über lautsprecher die teilnehmer angekündigt wurden. zu unserem riesigen erstaunen erholte sich yuri ganz schnell von seinem ersten schreck und bewegte sich (für seine verhältnisse) recht natürlich inmitten des ganzen trubels...
ein problem bleibt: man kann mit yuri nicht einer befahrenen strasse entlang gehen. vor einzelnen autos, ob sie stehen oder fahren, hat yuri überhaupt keine angst, selbst fährt er leidenschaftlich gerne im auto mit. doch wenn von vorne und hinten autos kommen, gerät er immer noch in panik. auch hier habe ich versucht, die massnahmen anzuwenden, die in anderen bereichen funktioniert haben: seine angst ignorieren, ihn auf mich zu konzentrieren, auch mit dem clicker, auf den er sonst sehr gut reagiert - alles absolut ohne erfolg.
nun ja - inzwischen weiss ich, dass es extrem viel zeit und geduld erfordert, bis sich fortschritte einstellen, und so habe ich die hoffnung, dass sich mit der zeit vielleicht auch die angst vor befahrenen strassen etwas legt...
jeder hund ist anders, und jeder ängstliche hund hat aus unterschiedlichen gründen angst. bei yuri hat sich meiner meinung nach die kombination aus ignorieren seines verhaltens und der gleichzeitigen stärkung des selbstvertrauens durch hundesport bewährt. obwohl noch nicht alle seine ängste verschwunden sind (und vielleicht auch nie verschwinden werden), ist yuri inzwischen im alltag ein zufriedener hund, der nicht mehr von seinen ängstenn aufgefressen wird.
vor kurzem war meine hündin wätschi gestorben; eigentlich konnte ich mir nicht vorstellen, so bald wieder einen hund aufzunehmen, aber dann stiess ich im internet auf yuri.
yuri war gerade mal 4 monate alt und lebte seit 3 wochen in einem tierheim in liechtenstein, gemeinsam mit seinen 3 brüdern. kurzentschlossen fuhr ich hin - und erschrak. keiner der welpen zeigte "normales" welpenverhalten. bei der kleinsten bewegung meinerseits zogen sie sich zurück, duckten sich oder rannten weg. die pflegerin erzählte mir, dass sich die 4 über zwei wochen lang überhaupt nicht berühren liessen und erst seit ein paar tagen die nähe der pflegerinnen duldeten.
es stellte sich heraus, dass die kleinen gemeinsam mit ihren drei schwestern und ihrer mutter ihre ersten drei lebensmonate offenbar eingesperrt in einem schuppen verbracht hatten - ohne kontakt zur aussenwelt. da der ort äusserst abgelegen war, drangen auch keine geräusche von aussen zu den hunden - es gab in der nähe keine strasse, keinen wanderweg, keine mit traktoren bewirtschafteten felder. das "züchter"-paar kümmerte sich nicht um den wurf, offenbar wurden die kleinen sogar getreten und mit besen geschlagen oder mindestens verscheucht.
als ich yuri nach hause nahm, hatte er, mit ausnahme von anderen hunden, buchstäblich vor allem angst - sogar vor spielzeug! am schlimmsten waren für ihn fremde menschen, besonders grosse männer und kleine, dicke frauen; ganz schrecklich war es, wenn die leute lange mäntel oder schürzen trugen.
völlig unmöglich war es, mit yuri in menschenmengen, in fremde räume oder einer strasse entlang zu gehen; er bekam richtige panikanfälle, zitterte am ganzen körper oder machte unter sich.
anfänglich hatte ich die hoffnung, dass er sich an unseren zwei älteren, souveränen hunden orientieren würde; zum teil erfüllte sich diese hoffnung, aber nur, was das leben im haus anbelangte. so fand er sich relativ schnell mit dem staubsauger oder häuslichen geräuschen ab, und spielzeug begann er sogar zu lieben. menschen, die zu uns nach hause kamen, beäugte er aus der ferne, doch als sein vertrauen in mich gefestigt war, begann er sie ok zu finden.
wir alle reagierten auf seine ängstlichkeit zu hause gar nicht; ich gab mir zu beginn mühe, ihn nicht zu erschrecken, doch wenn dies trotzdem geschah, ging ich darüber hinweg. offenbar fühlte er sich mit der zeit im haus so sicher, dass er mehr und mehr angsterreger integrierte und nicht mehr oder kaum noch darauf reagierte.
ganz anders draussen. wenn mir beim spazieren jemand entgegen kam, machte yuri einen riesigen bogen um die leute herum (50-100m) oder versteckte sich im wald, sofern er frei war. im junghunde- und den nachfolgenden erziehungskursen, die ich mit ihm besuchte, machten wir spezielle übungen für yuri. ausserhalb dieser übungen wurden alle teilnehmer angehalten, ihn zu ignorieren, ihn nicht anzuschauen und ja nicht auf ihn zu zu gehen. ich bat die leute auch, ihm leckerli anzubieten, ebenfalls, ohne ihn anzusehen. es dauerte fast ein jahr, bis yuri zum ersten mal draussen auf jemanden zuging, statt davon zu laufen. dann ging es relativ schnell, nur: seine panik verschwand - aber ausschliesslich bei leuten mit hunden. inzwischen ist yuri 4,5 jahre, und vor fremden menschen ohne hund hat er immer noch angst. allerdings ist er inzwischen immerhin so gut erzogen, dass er nicht mehr reissaus nimmt...
von anfang an habe ich immer wieder versucht, yuri in die stadt oder unter menschen mit zu nehmen. doch als sich seine panik nicht legte, sondern im gegenteil immer schlimmer wurde, liess ich es bleiben. wir wohnen auf dem land, es ist also nicht wirklich nötig, dass man mit ihm in die stadt geht.
ebenfalls unerträglich ist es für ihn fremde räume oder häuser zu betreten. eine zeit lang habe ich ihn immer ins restaurant der eisbahn mitgenommen, wenn meine kinder trainierten, doch auch diese versuche gab ich auf.
parallel dazu begann ich mit yuri agility zu machen, a) um ihn geistig zu fordern und b) um sein selbstvertrauen zu fördern. vor einem knappen jahr nahm ich ihn ausserdem ins sanitätshunde-training mit, allerdings mit grossen zweifeln...schliesslich muss er sich dort von mir lösen und zu irgendeinem mensch rennen, der sich irgendwo im wald versteckt! doch erstaunlicherweise klappte das von anfang an problemlos. und kürzlich spielte sogar ein sehr grosser mann, den yuri nicht kannte, die vermisste person - kein problem!
als nächstes begann mein sohn, mit yuri canin-cross zu machen (das sind crossläufe mit hund). vor ein paar wochen startete er an einem lauf im rahmen eines wagenrennens für schlittenhunde. dort herschte ein riesiger auflauf von menschen und hunden. beim start gab es sogar einen speakerwagen, von dem aus über lautsprecher die teilnehmer angekündigt wurden. zu unserem riesigen erstaunen erholte sich yuri ganz schnell von seinem ersten schreck und bewegte sich (für seine verhältnisse) recht natürlich inmitten des ganzen trubels...
ein problem bleibt: man kann mit yuri nicht einer befahrenen strasse entlang gehen. vor einzelnen autos, ob sie stehen oder fahren, hat yuri überhaupt keine angst, selbst fährt er leidenschaftlich gerne im auto mit. doch wenn von vorne und hinten autos kommen, gerät er immer noch in panik. auch hier habe ich versucht, die massnahmen anzuwenden, die in anderen bereichen funktioniert haben: seine angst ignorieren, ihn auf mich zu konzentrieren, auch mit dem clicker, auf den er sonst sehr gut reagiert - alles absolut ohne erfolg.
nun ja - inzwischen weiss ich, dass es extrem viel zeit und geduld erfordert, bis sich fortschritte einstellen, und so habe ich die hoffnung, dass sich mit der zeit vielleicht auch die angst vor befahrenen strassen etwas legt...
jeder hund ist anders, und jeder ängstliche hund hat aus unterschiedlichen gründen angst. bei yuri hat sich meiner meinung nach die kombination aus ignorieren seines verhaltens und der gleichzeitigen stärkung des selbstvertrauens durch hundesport bewährt. obwohl noch nicht alle seine ängste verschwunden sind (und vielleicht auch nie verschwinden werden), ist yuri inzwischen im alltag ein zufriedener hund, der nicht mehr von seinen ängstenn aufgefressen wird.