AW: Vollblutreiterdasein - ein Realitätsbericht in mehreren Teilen!
Ein Solo für Zwei - ausführliche Gebrauchsanleitung für Vollblutausritte
Ausgangsbasis: Siehe Vollblutgrundregeln 1 & 2, körperliche Defekte wie
Weitsichtig- und -hörigkeit.
Inbetriebnahmephase:
Ein Vollblutausritt setzt bei seinem Reiter Toleranz voraus. Überprüfen Sie
bitte vorher umgehend ihre psychische und physische Toleranz (und die
Aktualität ihres Testaments).
Checken Sie sämtliche Ausrüstung auf ihre Befestigung, entfernen Sie alles was
flattern kann.
Testen Sie den Notrufwahl ihres Handys, den Sitz sämtlichen Schutzzubehörs, und
die Funktion ihres GPS-System, alternativ können Sie die
"in-etwa-geplante-Route" ihres Ausrittes auf einer topographischen Karte ihren
Kollegen hinterlassen.
Klatschen Sie neben dem Pferd *fest* in die Hände (ggf. zusätzlich mit
Aufstampfen)! Folgt i.d.R. eine Vollblöd-Show - entleeren Sie das
Luft-Druck-System des Vollblöds erst einmal im Roundpen, Reithalle oder
Außenplatz per Longe.
Testlauf/Warmlauf
Während Sie vom Hof reiten - sollte sich das Tier noch in einem entspannten
Schritt befinden. Nach 5 Minuten bitte wiederum im Schritt weiterreitend den
Sattelgurt nachziehen - im Gelände ein Vollblut anhalten um nachzugurten ist
eine ziemlich vollblöde Idee und wird von anderer Seite ausgenutzt werden!
Der Trab wird sich während der ersten 100 m noch recht zackelig anfühlen -
folgend wird danach eine Kurz-Aufführ-Phase mit Dominanz-Test des Reiters, in
dieser Zeit sind Korrektur-Maßnahmen deutlich über 80 db Lautstärke
empfehlenswert.
Systemmängel und Lauf-Defekte
Folgende typische Fehler treten leider abweichend vom "Standard-Freizeitpferd"
auf:
- Vergesslichkeit: Auch Vollblöds höheren Alters leiden unter Spontan-Demenz, so
dass z.B. Schlepper, Radfahrer, ja sogar radfahrende Kinder zu völligst
unbekannten Wesen werden.
- Wettrennen: Mangels Ausreitkollegen nehmen Vollblöds im Wald auch durchaus die
Herausforderung von Rehen an
- Aus-/Weichen: Vollblöds weichen sehr gern und unaufgefordert. Sie schonen ihre
Huf vor z.B. gefährlich am Boden liegender Plastikfolienrestle - und weichen
(am besten aus dem gestreckten Galopp) in das Rapsfeld links aus, ohne die
Gangart zu wechseln: Durch ein Rapsfeld im Juni (!) kann man übrigens nur
galoppieren - wie Antilopen:
Hey-hüpf-hey-hüpf-hey-hüpf!
- natürliche Aufrichtung: Bitte vergessen Sie sofort!! irgendwelche
Ideal-Lehrmeinungen aus dem Westernreiten von wegen langer Hals auch
vorwärts-abwärts. Dies bezieht sich nur auf einen lang-pendelnden Schritt -
nie, NIE NIEMALS aber im Trab oder Galopp!
Die natürliche Reithaltung eines Vollblöds ist mit den Ohren ca. 20 cm über
Widerrist. Sollte das Pferd den Kopf in einer losgelösten Bewegung in Trab oder
Galopp Richtung Boden tragen - ist es auf der SUCHE nach irgendwas:
Ein STAUN-HÜPF-Auslöser bei 50 km/h ist nicht lustig!
- Gräben. Hier gibt es verschiedene Vollblöd-Lösungen. Die Variante a-blöd
bevorzug ein 20 cm Gräbelchen aufgrund ihrer M-Springen-Ausbildung wie einen
1,50 Hoch-Steil-Sprung zu nehmen. Ich hoffe, ihr Pferd hat genug Futter
bekommen und der Hals bietet genügend Halt bei der Landung nach dem
Überraschungseffekt.
Die Variante b-blöd bremst - und durchläuft alles vorsichtigst .
Die Variante c-blöd: Ordentlicher Anlauf, ordentlicher Absprung & Landung: Ist
mir noch nie begegnet.
- Mähne: Stutzen Sie möglichst nie die Mähne eines Vollblöds. Nur so können Sie
es auch regelmäßig mit der Hand-auf-den-Hals-patschend lobend, ohne
schmierig-schweißverklebte Hände/Handschuhe dabei zu bekommen.
- Schweif: Auch ihn bitte möglichst lang lassen - Vollblöds sind hoch
Fliegen/Bremsenallergisch und sollten zumindest im hinteren Bereich selbst in
der Lage sein, jene selbstständig zu verscheuchen.
Vollblöd-Getriebe und Schaltung
Das Vollblöd verfügt über ein sehr sensibles Schaltgetriebe. Null-Schaltung für
Vorwärtsbewegung ist: Entspannt im Sattel, Beckenknochen leicht in Kontakt mit
dem Sattel, Knie angelehnt und - die Unterschenkel weit weg vom Gaspedal!
Antraben: Leichtes Zügelaufnehmen, Kontrolle gegen Kopfschlagen mit einem
leichten Rechts-Links-Hand-Stehen lassen und vermehrten Druck durch
Zurücklehnen im Sattel. Zügelverkürzung unbedingt vermeiden!
Angaloppieren: Für leichten Galopp verwenden Sie ein leises! Zungenschnalzen wie
"...nttzz...".
Für den Arbeitsgalopp sprechen Sie ein vorsichtiges "...o.k...." und meiden! Sie
eine deutliche Aufforderung wie "Galopp!" laut auszusprechen - wenn Sie nicht
wahrhaftig einen min. 1 km Galopp-Weg vor sich haben!
Einseitigkeit: Vollblöds neigen zu starker Einseitigkeit in der Galoppauswahl.
Leider reicht z.B. eine abknickende Wiesenrennstrecke nach rechts nicht aus,
ein Pferd das eben auf seiner (guten) linken Hand ist - rechts weiterzulaufen!
Eine Teerstraße, ein Graben und ein (noch nicht abgedroschenes) Weizenfeld sind
auch eine Wegoption für ein Vollblöd - Sie haben hier die offizielle Erlaubnis
dem Tier deswegen "ins Maul zu greifen".
Durchparieren: Reden Sie mit ihrem Pferd! Solange das Pferd im gestreckten
Galopp noch die Ohren vorne hat - brauchen Sie mit halbblöden Paraden gar nicht
erst anfangen. Wenn Sie die Ohren bei sich haben - verstärken Sie den
Knieschlußdruck und blockieren damit die Vorwärtsbewegung. Leicht
Zügelaufnehmen (nicht verkürzen!), dann testweise vorsichtig in den Sattel
einsitzen - und dabei niemals mit beidhändigem Zügelzug dem Pferd die Chance zu
geben sich auf den Zügel zu legen.
- Überhitzung: Das Heißlaufen eines Vollblöds ist vor allem für vollblöde
Anfänger gefährlich. Diese nämlich haben schon bemerkt - dass ein Vollblöd sich
am besten im Berg-auf-Galopp kontrollieren lässt. Soweit so gut - nur oben
angekommen ist ein Vollblöd leider heiß - und hat dann auch noch den Schwung
bergab. Wenn Sie Glück haben - besitzen Sie ein Traum-Blöd, dass nach dem
Aufgalopp/Renn-Galopp dann gelöst - und entspannt ist, d.h. sie können die
Zügel wegwerfen und genießen von da ab ein butterweiches Reitgefühl: Galopp
stundenlang ohne Seitenstechen.
Wenn Sie ein Normal-Blöd erwischen - macht das Reiten nach dem Renn-Galopp
keinen Spaß mehr - denn die Rennmaschine unter ihnen lässt sich nur noch in den
Schrabb zurückschalten.
Eichung: Viele Vollblöd sind aufgrund ihrer Weitsichtigkeit nicht in der
Abschätzung von Entfernungen geeicht und hat hieraus eine Dyskalkulie:
Das bezieht sich wie schon zuvor genannt auf die Restlauf-Längen von Feldwegen,
genau so aber auch die Maße, ob der Bauch (leider nicht mehr das Bein des
Reiters) am Baum vorbeipassen und von der Höhe her richtet sich ein Vollblöd
beim Unter-Ästen-Durchreiten nach Widerrist-Höhe plus Sattelauflage (und
vergisst den Reiter hierbei völligst -