AW: Apassionata
Sooooo........... Erfahrungsbericht.
War sehr interessant. Anwesende Friesenbesitzer, -fans und -reiter mögen nun aber bitte weghören - denn da hätte ich echt k.... können!
Oder haben diese Pferde eine genetische Disposition, die sie dazu verleitet, ihr Kinn grundsätzlich nicht mehr als 5cm von der Brust weg zu haben? Wahrscheinlich eher nicht, zwei durften nämlich dann doch so ab und zu etwas mehr Spielraum haben..... Nett....
Und hey..... wer auch immer der Meinung war, ein Pferd müsse in die Levade geritten werden, indem es lernt, das Gewicht auf die Hinterhand zu nehmen - Pustekuchen! Man reisse einfach mal fest an den Zügeln, ziehe das Pferd vorne hoch und sorge durch ein Zurückfallenlassen des Oberkörpers dafür, dass es sich auch schön aufbalanciert (Achtung, Ironie!) auf den Hinterbeinen hält........
Ganz toll. Gab mächtig Applaus. Aber zur Ehrenrettung des Publikums auch einiges an Kopfschütteln. Und zur Ehrenrettung der Veranstalter ansonsten bis auf wenige Ausnahmen bedeutend bessere Reitkunst!!
(Für alle Nicht-Reiter: die Ausbildung eines Pferdes in der sogenannten klassischen Reitkunst erfolgt gemäß einer bestimmten Ausbildungsskala. Anfangs wird das Pferd ohne Reiter gymnastiziert, es lernt, sich quasi erst einmal führen zu lassen und ein Körpergefühl für sich selbst zu entwickeln. Dann lernt es, den Reiter zu tragen und wird mit ihm durchgymnastiziert, so dass sich rechte und linke Körperhälfte gleichmässig entwickeln und die Beweglichkeit insgesamt gefördert wird. Dann wird die Schwierigkeitsstufe immer mehr erhöht: es lernt, mal auf der Vorderhand/Hinterhand zu drehen, seitlich durch Überkreuzen der Beine zu gehen, auf der Stelle zu treten, etc. Bis hin zu den schwierigen Lektionen: Trab, Gallopp fast auf der Stelle und eben das Stehen auf der Hinterhand bzw. darauf aufbauend aus dem Stand hochzuspringen und mit der Hinterhand in die Luft auszukeilen. Hintergedanke des ganzen war es, ein Pferd zu trainieren, dass einen Ritter sicher im Kampf tragen kann und gleichzeitig durch seine Ausbildung aktiv am Kampfgeschehen mit teilnehmen kann. Einen Teil dieser Ausbildungsskala wird in fast jeder Reitsportsparte angewendet, um die Pferde einfach beweglich zu halten bzw. durchzutrainieren. So kann man zum Beispiel durch sorgfältiges Training Pferde bis ins hohe Alter gelenkig halten und auch gelenkkranken Pferden zu mehr Beweglichkeit verhelfen).
Sooo....weiter im Programm:
es gab Vorführungen mit Lusitanos, Camarque-Pferden, Shires, einem Percheron (DAS nenne ich mal ein Pferd!
), Isländern, Saddlebreds, einem Quarterhorse und Achal Tekkinern.
Während fast alles Richtung klassisches Reiten in den verschiedenen Variationen herauslief, zeigte Jörg Pasternak mit seinem Quarter anhand von zwei Schauspielern das "Cutting" (?) (er hat einfach sein Pferd einen Schauspieler im Schach halten lassen, der versucht hatte, an ihm vorbeizukommen) und ein Franzose mit den Achal-Tekkinern eine Freiheitsdressur - DAS WAR GENIAL!
Sorry, aber lässt sich nicht anders ausdrücken. Kaum Signale gegeben, 4 willige Pferde die sofort allen Anweisungen gefolgt sind und total konzentriert und aufmerksam bei ihm waren, ohne irgendwelche Anzeichen von Stress oder Anspannung zu zeigen.
Der gleiche Mann liess am Anfang der zweiten Hälfte 5 Pferde in der Halle frei laufen, sich im Sand wälzen, etc. Er selbst sass auf einem 6. vollkommen ruhig vor dem Tor. Die Pferde waren entspannt, aber immer mit einem Auge auf ihn. Irgendwann drehte er kommentarlos um und ritt raus, sie folgten sofort nach.... War schön anzusehen.
Monty Roberst wäre vor Neid erblasst...
Ebenfalls beeindruckend: die Trickreiter. Mal eben so im Galopp unter dem Pferdebauch durch und wieder hoch in den Sattel - kann ich auch. Locker. *pffft*
Allerdings möchte ich nicht wissen, wie viel Kräfte da auf den Pferderücken einwirken...
Es war sehr schön zu sehen, wie unterschiedlich die einzelnen Reiter mit den Pferden umgingen. Es waren einige dabei, bei denen ich dachte: wow. DAS nenne ich ein Händchen für's Pferd! Ein Reiter, der auch auf dem Percheron war, liess es sich niemals nehmen, im schlimmsten Trubel und bei den schwierigsten ´Dingen sofort das Pferd zu loben, vollkommen ruhig und souverän im gesamten Umgang damit. Man hat es den Pferden auch deutlichst angemerkt...
Aber es gab auch welche, bei denen ich dachte: "Kerl, das will ich gerne mal ohne Sporeneinsatz sehen/ohne Zügehilfe!" etc....
Am schwersten beeindruckt hatte mich jedoch nicht ein Show-Act selbst.
Sondern ganz am Ende, als die einzelnen Pferde noch einmal vorgestellt wurden, drei Kinder. Sie gehörten zu der einen Reiterfamilie mit Lusitanos und ritten im gesamten Truppenauflauf am Ende drei dieser Pferde, die schon in der Show aufgetreten waren. Die Kinder waren keinesfalls älter als 13. Und ich habe noch niemals Reiter in dem Alter so gekonnt auf dem Pferd sitzen sehen. Alle ritten auf Kandare - die Pferdemäuler entspannt, die Hände total ruhig und erst der Sitz! Da könnt ich neidisch werden. Vollkommen subtile Hilfengebung, alles über Gewicht und Schenkel und die Pferde reagierten sofort, fast besser als zuvor bei den Erwachsenen. Und das auf engem Raum mit all den Zuschauern, die zur Manege hinströmten...
Echt klasse.
Auch schön: der Mann mit den Achaltekkinern war auch mit einem da. Sobald er merkte, dass es diesem zu eng wurde, ist er einfach mit ihm ein Stück weg, vertröstete die Leute und ist erst wieder hin, als es für das Pferd ok war. Nicht wie manch anderer, der sein Pferd zum Stillstehen zwang...
Wobei: den Shires war das alles egal. Die haben halt alles in typischer Manier in aller Seelenruhe erduldet.