AW: Kläffen
Amy – hyperaktive Kläff-Fanatikerin mit Charme
Amy kam vor drei Jahren im Alter von ca. 8 Jahren zu uns. EIGENTLICH hieß es ja von ihr, sie sei eine liebe, ältere Hündin auf der Suche nach einem ruhigen (!!) Zuhause. Im Prinzip genau das, was wir als Zwischenglied zu unseren beiden Rüden gesucht haben (der eine klein, dicklich und eher Sofakuschler, der andere groß, superaktiv mit Neigung zu Überreaktionen).
Als wir sie dann bekamen passte die obige Beschreibung auf sie haargenau – für genau drei Tage....
Dann beschlossen wir, sie zwecks besserer Behandlung ihrer Räude und aufgrund der hohen, sommerlichen Temperaturen scheren zu lassen. Und danach war es definitiv vorbei mit der ruhigen Zeit....
Amy ist wahrscheinlich eine Spitz-Chow-Sonstwas-Mischung, was sowohl der Felltyp als auch ihr generelles Verhalten nahe legt (wobei es uns immer noch ein Rätsel ist, wie sie bei damals 40 Grad im Madrid bei dem Pelz überhaupt noch irgendeine Aktivität zeigte – siehe Bild unten).
Vor allem eines fiel relativ schnell auf:
Amy war nicht nur eine recht eigenständige Persönlichkeit (Menschen sind zwar ganz nett, aber mal ehrlich: Hund kann doch auch wunderbare ohne sie). Nein, sie war auch überaus vokal veranlagt. Alles und jeder wurde kommentiert. Dann von einer anderen Seite aus betrachtet und das Ergebnis wiederum der Welt mitgeteilt. Nicht, dass man irgendwie den Informationsfluss unterbräche, das wäre ja überaus bedauerlich in ihren Augen (nicht in unseren!).
Es war also klar, dass wir schnell Abhilfe schaffen mussten.
Und genau mit dem Wort „schnell“ fingen die Probleme an:
Amy reagierte auf so ziemlich jedwede Situation mit Gekläffe. Und aufgrund der unterschiedlichen Beweggründe für ihr Bellen mussten unterschiedliche Lösungen gefunden werden. Das, was in einer Situation helfen kann, wäre in der nächsten Situation wiederum kontraproduktiv gewesen. Wir bauten also die nächsten Monate verschiedene Lösungswege auf und bedienten uns dabei der vollen Facette von Möglichkeiten, die wir zur Hand hatten.
Gezwungenermaßen.
Wir hatten dies anfangs ganz ohne Strafreiz versucht. Allerdings scheiterte dies an Amys Charakter. Sie ist der Meinung, prinzipiell das letzte Wort in allem haben zu müssen und unseren Aufforderungen eigentlich nur nachkommen zu müssen, wenn es ihr gerade in den Kram passt (Hier lagen bei ihr die Grenzen des Clickertrainings).
Da dies auf Dauer „etwas“ problematisch sein kann, mussten wir also Abhilfe schaffen und ihr klar machen, dass unsere Aussagen durchaus Geltung haben. Bezeichnend ist, dass die Hunde mit ihr in der selben Situation waren. Erst, als diese überdeutliche Schlusssignale setzten, begriff Amy, dass sie deren Meinung ernst zu nehmen hatte (sie wurde von unserem großen Rüden nach Nichtbeachtung sämtlicher Warnhinweise des öfteren auf den Boden festgenagelt, bis sie lernte, auf die vorausgehenden Signale zu achten und nicht mehr nur in ihrem eigenen Interesse zu agieren). Während unsere Hunde diese Lektion innerhalb von wenigen Tagen durchsetzten, dokterten wir noch gut ein halbes Jahr rein positiv arbeitend mit ihr rum, bis wir auch irgendwann mal begannen, mit Hilfe von Abdrängen oder auch mal einem Griff in die Seite/Nacken unseren Worten Deutlichkeit zu verleihen. Innerhalb weniger Wochen begann sie umzudenken. Es war, als wären ihr Schuppen von den Augen gefallen („Ach, DAS meint ihr!“) und sie begann danach nicht nur besser auf uns zu achten, sondern ironischerweise auch den Clicker besser anzunehmen.
Wir hatten also nach einem halben Jahr endlich eine Basis geschaffen, auf der wir gezielt an ihrem Problem arbeiten konnten.
1.Kläffen um Aufmerksamkeit:
Diese Art Gekläff war die einzige, die wir ignoriert haben. Ihre Intention war, unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Hätten wir ihr nachgegeben und auch nur mit einem Verbot auf sie reagiert, hätte sie ihr Ziel erreicht. Also begannen wir in solchen Momenten, gezielt wegzugucken, snobistisch die Nase in die Luft zu heben und ihr den Rücken zuzudrehen. Hörte sie auf, kam ein click und ein Leckerchen.
2.Kläffen aufgrund von Geräuschen im Haus:
a) Wir wohnen in einer Kellerwohnung. Neben unserer Wohnung ist der Waschraum der anderen Wohnpartei im Haus, so dass diese ab und zu nach unten kommt. Im Prinzip seit Jahren das gleiche Prinzip, mehrmals am Tag. Aber es ist doch immer wieder nett, dass jedes Betreten des Kellers unverzüglich von Amy gemeldet wird. Nicht, dass da jemand aus Versehen mal unsere Wäsche waschen könnte......
Dieses Verhalten war (ist) bezüglich Alltagstauglichkeit in gewisser Weise ambivalent: auf der einen Seite ist es vollkommen ok, kurz zu melden, wenn jemand vorne an der Haustür ist. Allerdings liegt die Betonung auf „kurz“. Exzessives Bellen wiederum ist also nicht erwünscht. Wir mussten also versuchen, ihr einerseits klar zu machen, dass Laut geben durchaus ok ist – aber eben nur kurz und schmerzlos (für die Ohren).
Wir fingen also an, demonstrativ auf ihr Gebelle einzugehen, wenn jemand vorne an der Haustür war. Sie wurde für das Bellen gelobt, ich ging zur Tür, öffnete sie, steckte kurz meinen Kopf raus und begrüßte die Nachbarn. Um dann einfach wieder die Tür zuzumachen, Amy für ihre Aufmerksamkeit zu loben und betont gleichgültig wieder vom Eingangsbereich wegzugehen. Ich suggerierte ihr also, dass das, was draußen ablief, vollkommen unproblematisch sei und jegliches Theater reine Energieverschwendung. Mit dem Erfolg, dass sie kurz darauf anfing, mir gezielt mitzuteilen, wenn jemand kam: sie rannte nicht mehr wild zur Tür und kläffte vor sich hin, sondern suchte nun beim Anschlagen meinen Blickkontakt nach dem Motto: „Frauchen – da ist wer, guckst Du mal?“ Dafür bedankte ich mich bei ihr, kraulte kurz hinter ihrem Ohr, schaute nach und gut war. Setzte sie noch mal nach, obwohl ich die Situation schon geklärt habe, kam ein einfaches „Amy, Schluß“ und ein noch betonteres Wegdrehen von der Tür. Heute, nach gut 2 Jahren, grummelt sie nur noch leicht, wenn die Nachbarn das Haus betreten bzw. schlägt einmal kurz an, wenn die Vermieter dies tun. Hört aber auf ein „Amy, schluß“ wieder auf.
b) Sonstige Geräusche im Haus, vor allem solche, die sie nicht gleich zuordnen konnte (spielende Kinder oben, wenn dort Dinge runterfallen, schwere Schritte des Familienvaters, etc.) wurden ebenfalls ausgiebigst kommentiert. Egal, zu welcher Tages und Nachtzeit. Dies war auch das Kläffen, über das hinweg das Signal „Amy, schluß“ eingeführt wurde.
War sie am kläffen, kam das Signal. Hörte sie auf, wurde sie gelobt. Kam das Signal, sie schaute uns an und kläffte aber trotzdem weiter, flog mal ein Sofakissen, eine Tempotaschentücherpackung, etc. in ihre Richtung (nicht auf sie drauf). War sie ruhig, kam ein Lob und eine Belohnung. Heute reicht ein „Amy, Schluß“ in den Bellansatz rein (meistens. Ab und zu fliegt mal noch etwas).
3.Kläffen im Garten
Unsere Hunde haben fast das ganze Jahr über freien Zugang zum Garten. Aufgrund der Wohnsituation auf einem Aussiedlerhof von Verwandten mit deren Hundepension vor der Nase gibt es immer wieder bestimmte Sicht- und auch Lautreize, die Amy UNBEDINGT kommentieren muss. „Amy, Schluß“ zieht in den Situationen weniger. Daher verwenden wir in den Momenten einfach unseren normalen Abrufpfiff, auf den hin sie wie ein Pfeil angeschossen kommt, Leckerchen kassiert und alles, was sich draussen bewegt, komplett vergisst.
4.Kläffen vor dem Spazierengehen
Spaziergänge sind mit so die Ereignisse des Tages. Spiel, Spannung und Spass (im Haus wegen der Katzen tabu) steht an – weswegen sich Amys Vorfreude lauthals bemerkbar macht.....Hierbei verwenden wir je nach Tageslaune von ihr (und uns) unterschiedliche Ansätze:
a)bellt sie los, wird sie kurzerhand schon einmal in den Garten rausgeschmissen, während wir uns drinnen in Ruhe mit den anderen fertig machen. Gaaaaanz doof, so ganz alleine auf weiter Flur..... Aber irgendwie auch wieder interessant, denn wenn man ruhig ist, fliegen auf einmal Frolic durch die Katzenklappe....
b)„Amy, schluß“ – ist Ruhe, Click und Belohnung. Ist keine Ruhe, fliegt sie raus.
c)Bellt sie draussen weiter, bekommt sie verschiedene Aufgaben zu lösen. „Sitz“, etwas im Gras suchen, etc. Leider sind die Möglichkeiten bei ihr recht beschränkt, da sie nur bedingt aufnahmefähig und lernfähig ist, was „Kunststückchen“ betrifft. Hilfreich wäre es, sie eine Leine tragen lassen zu können, meine Schuhe zu holen, etc. Sie einfach so in die Spaziergangsvorbereitungen einzuspannen, dass sie keine Zeit zum Bellen hat. So müssen wir jedoch mit dem wenigen Arbeiten, was sie in den knapp 3 Jahren gelernt hat.
d)Bellt sie trotz allem noch weiter, kommt ein Griff in den Nacken, sie wird kurzerhand angeleint und gut ist.
Einzelne hier genannte Ansätze oder Kombinationen daraus verwenden wir auch in anderen Kläffmomenten (übertriebenes Spielkläffen, kläffend aus einem Traum hochfahren, etc.) recht erfolgreich. Sie kläfft wie schon an anderer Stelle erwähnt immer noch mehr als die anderen Hunde. Aber lange nicht mehr so viel wie früher. Zum Glück. Migräne habe ich auch so oft genug.....
Ich hoffe, das hilft dem einen oder anderen etwas weiter. Wenn noch Fragen offen sein sollten, einfach melden.
Damals in Spanien:
Erster Tag bei uns:
Der erste Winter:
Sommer 2007: